Internationaler Tag des Tanzes am 29. April 2014
Das Tanzkomitee des Internationalen Theater Institutes (ITI der UNESCO) ruft diesen Tag - seit nunmehr 27 Jahren - aus, um den Tanz zu feiern, ihn weltweit ins Bewusstsein zu bringen und ihn als grenzüberwindendes Medium zu würdigen.
Der Dachverband Tanz Deutschland sammelte auch dieses Jahr wieder alle Aktionen oder Veranstaltungen zum Welttanztag in Deutschland und veröffentlichte sie auf seinem facebook-Profil (www.facebook.com/DachverbandTanz).
Mehr Informationen zum Welttanztag:
www.international-dance-day.org
www.iti-worldwide.org
Die Botschaft zum diesjährigen Welttanztag stammt von Mourad Merzouki – französischer Tänzer, Choreograf und Direktor des Centre chorégraphique national de Créteil und der Compagnie Käfig.
Botschaft zum Internationalen Tag des Tanzes 2014
von Mourad Merzouki
Original auf youtube (französisch mit englischen Untertiteln) »
Übersetzung von Dagmar Elsenbusch:
„Jeder Künstler ist auf seine Arbeit stolz.
Jeder Künstler wird die Kunst verteidigen, die sein Leben völlig verändert hat.
Weil er in ihr etwas gesucht und etwas verloren hat, weil er den starken Wunsch hat, diese Kunst zu teilen. Sie ist das Echo einer Stimme, eine wieder gefundene Schrift, die Interpretation eines Textes, den er der Menschheit schenkt, eine Musik, ohne die unsere Welt verstummt, eine Bewegung, die die Pforten zur Anmut öffnet.
Ich empfinde für den Tanz nicht nur den Stolz des Tänzers und Choreografen, sondern auch eine tief empfundene Dankbarkeit. Der Tanz war mein Glück. Durch die Noblesse dieser Disziplin ist er meine ethische Richtschnur geworden. Durch den Tanz entdecke ich täglich die Welt neu.
Der Tanz ist wie nichts anderes zutiefst eins mit mir. Er schenkt mir täglich neue Kraft durch die ihm innewohnende Energie und Großzügigkeit. Seine Poesie gibt mir Sicherheit.
Kann ich sagen, dass ich ohne den Tanz nicht existieren würde? Ohne die Fähigkeit mich auszudrücken, die ich nur durch ihn erlangt habe? Ohne das Selbstvertrauen, meine Ängste zu überwinden und Sackgassen zu vermeiden, das ich erst durch ihn gefunden habe?
Durch den Tanz bin ich tief in die Schönheit und Komplexität dieser Welt eingetaucht. Ich bin Weltbürger geworden, der die Regeln bei jedem Aufeinandertreffen neu erfindet, aber den Werten der Hip-Hop-Kultur, die negative Energie in positive Kraft verwandelt, dabei treu bleibt.
Der Tanz ist für mich täglich ein Grund, stolz zu sein. Aber ich lebe diesen Stolz mit Besorgnis. Ich erkenne bei den Jugendlichen aus den Ghettos den Verlust von Orientierungspunkten, die Unmöglichkeit ein selbstbestimmtes Leben zu führen, was zu Frustration und Spannungen führt. Ich bin wie sie, wir alle sind wie sie. Bei mir ist nur, dank meines eigenen Beispiels, der Wunsch stärker, ihnen dabei zu helfen, ihr Leben lebenswerter zu gestalten.
Wird unsere Gesellschaft nicht durch den Reichtum jedes einzelnen reicher?
Die Kultur verbindet, mehr als viele Worte. Seien Sie mutig, gehen Sie Risiken ein, denn trotz aller Hindernisse und Missgunst, die Sie sicherlich erfahren werden, wird immer die Schönheit an Ihrer Seite stehen. So wie der Tanz bei mir. Mit dieser unglaublichen Kraft, die soziale Unterschiede oder unsere unterschiedliche Herkunft verschwinden lässt, so dass am Ende nur die Bewegung der Körper in ihrer ursprünglichen Menschlichkeit, nur die Menschen in ihrem ursprünglichsten, einzigartigen und gemeinsamen Ausdruck bleiben.
Ich möchte mit einem Zitat von René Char schließen, das mich jeden Tag daran erinnert, dass niemand uns in einer vorgegebenen Rolle einsperren darf.
‚Zwing deine Chance auf, schnüre dein Glück und geh auf dein Wagnis zu. Auf dich zu blicken, bald sind SIE es gewohnt.’
Also versucht es. Irrt euch und fangt wieder von vorne an, aber vor allem: tanzt, hört niemals auf zu tanzen!“
Biografie
Mourad Merzouki wurde 1973 in Lyon geboren. Mit 7 Jahren erlernt er den Kampfsport und die Zirkusartistik. Mit 15 entdeckt er den Hip-Hop, der ihn in die Welt des Tanzes führt.
Er beschließt sehr schnell, die auf der Straße entstandenen Moves weiter zu entwickeln und mit der choreografischen Sprache insbesondere von Maryse Delente, Jean-François Duroure und Josef Nadj zu konfrontieren.
Die Vielfältigkeit und reiche Erfahrung seiner Laufbahn weckt in ihm den Wunsch, selbst künstlerische Projekte zu erschaffen, in denen er den Hip-Hop mit anderen Tanzdisziplinen verbinden kann. Diesen Wunsch setzt er um und gründet 1989, zusammen mit Kader Attou, Eric Mezino und Chaouki Saïd seine erste Compagnie, Accrorap.
1994 präsentiert die Compagnie bei der Tanz-Biennale in Lyon mit großem Erfolg Athina. Mit diesem Stück gelingt es ihm endgültig, den Hip-Hop von der Straße auf die Bühne zu bringen.
Auf seinen Reisen um die ganze Welt kommt der Choreograf in die entlegensten Gebiete und erlebt dort den Tanz als mächtiges Mittel der Kommunikation. Um sein eigenes künstlerisches Universum zu erschaffen, das auf seiner eigenen Geschichte, auf seinen Empfindungen beruht, gründet Mourad Merzouki 1996 eine eigene Compagnie: Käfig.
Ab 2006 hat die Compagnie Käfig ihren festen Sitz im Espace Albert Camus in Bron. Aus dieser Verbindung mit dem Theater entsteht 2007 auf Initiative von Mourad Merzouki das Festival Karavel, das zahlreiche Streetdance-Compagnien und weitere Aktionen in der ganzen Stadt präsentiert.
Parallel dazu plant und konzipiert er einen neuen Ort für sein choreografisches Schaffen: Pôle Pik öffnet 2009 seine Pforten in Bron.
Im Juni 2009 wird Mourad Merzouki zum Leiter des Centre Choréographique National de Créteil et du Val-de-Marne ernannt. Hier setzt er sein großes Projekt, das ganz im Zeichen der Weltoffenheit steht, fort und entwickelt es weiter. In 18 Jahren erschafft er 22 Tanzstücke. Jedes Jahr bestimmen im Schnitt 150 Auftritte weltweit den Lebensrhythmus seiner Compagnie.
Mourad Merzouki
Foto:
© Michel Calvaca