Internationaler Tag des Tanzes am 29. April 2012
Der 29. April wird weltweit als Internationaler Tag des Tanzes begangen. Internationales Theaterinstitut und Dachverband Tanz Deutschland übermitteln die internationale Botschaft – in diesem Jahr kommt der Text von Sidi Larbi Cherkaoui (siehe unten). Der belgische Choreograf, bekannt durch seine Arbeit für Les Ballets C de la B, Sasha Waltz & Guests und anderen internationalen Kompanien, feiert in seinen Text den Tanz als immer währendes Moment des Lebens, der Kreativität, der Offenheit und des gemeinschaftlichen Erlebens. Tanz überwindet Grenzen, Tanz verbindet.
In Deutschland nutzen Tanz- und Ballettschulen den Welttanztag für eine Präsentation ihrer Arbeit – laden zu öffentlichen Kursen und Aufführungen. Verbände und Organisationen wie Dance and the Child und der Bundesverband Tanz in Schulen regen Projekte mit Kindern und Jugendlichen an, bringen den Tanz auf Straßen und Plätze oder in neuer Form in den Unterricht.
Informationen zum Internationalen Tag des Tanzes und zum Tanz in Deutschland finden Sie auch auf ...
www.iti-germany.de
www.deutsche-tanzwoche.de
www.bv-tanzinschulen.de
www.dachverband-tanz.de
Berliner Aktion:
Liebe Tanzkolleg/innen,
am 29. April ist Welttanztag! Wir möchten Euch an diesem Tag gerne zu einem Brainstorming zum "Tanz im öffentlichen Raum" einladen. Der Welttanztag wird mit einer Vielzahl von Aktionen im öffentlichen Raum, u.a. in Korea, Skandinavien, Großbritannien, gefeiert. Einige dieser Aktionen, z.B. in Dänemark, sind große, nationale Projekte. In Deutschland haben daCi Deutschland, der Dachverband Tanz Deutschland und das Internationale Theaterinstitut (ITI) in den letzten Jahren Tanzaktionen am Welttanztag initiiert, z.B. auf Bahnhöfen oder auch auf dem Alexanderplatz.
Wir möchten gern mehr Partner, Mitstreiter und Förderer für den Welttanztag gewinnen, um die Tanzkunst in ihrer Vielfalt sichtbar zu machen. Lasst uns Visionen für 2013 entwickeln und damit beim Welttanztag in diesem Jahr anfangen!
Wir laden Euch auf einen regen Austausch am 29. April um 14 Uhr im Kunstquartier Bethanien (Mariannenplatz 2, 10997 Berlin) ein.
Es erwarten Euch Impressionen aus den nationalen Aktionen der Vorjahre sowie einige internationalen Beispiele und Ideen zu weltweiten Welttanztag-Netzwerken. Bringt Eure Ideen zu Aktivitäten und Kooperationen ein und lasst uns Visionen für 2013 entwickeln....
Ein Bonbon im Anschluss an unser Brainstorming:
Es gibt die Möglichkeit in Studio 2 das Showing von Josep Caballero Garcia's Duett NE DANSE PAS SI TU NE VEUX PAS anzuschauen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Freundt
Koordination / GS Dachverband Tanz Deutschland
Botschaft zum Internationalen Tag des Tanzes 2012
Die endlose Choreografie des Lebens feiern
Sidi Larbi Cherkaoui
Das, was durch Jahre und Zeiten hinweg am längsten Bestand hat, ist die Kunst. Alles, was die Menschheit ihren Erben hinterlässt, scheint Kunst zu sein - ob als Bauten, Bücher, Gemälden oder Musik. Oder als Bewegung, oder als Tanz. Aus diesem Grunde betrachte ich Tanz als die gegenwärtigste, die aktuellste Geschichtslektion, da er in ständiger Beziehung zu seiner jüngsten Vergangenheit steht und nur in der Gegenwart stattfinden kann.
Mir scheint auch, Tanz akzeptiere Grenzen nicht auf die Art wie viele andere Künste es tun. Auch wenn bestimmte Stile versuchen, sich einzugrenzen oder innerhalb eines Rahmens zu arbeiten: Die Bewegung des Lebens, ihre Choreographie und ihr Bedürfnis im Fluss zu sein nehmen sehr schnell überhand und ermöglichen die Vermischung von Stilrichtungen. Alles begegnet sich auf natürliche Weise und der Tanz lässt sich nur in dem Raum nieder, in den er gehört – dem der sich ständig verändernden Gegenwart.
Ich glaube, dass Tanz vielleicht einer unserer ehrlichsten und deshalb wertvollsten Ausdrucksformen ist. Denn wenn Menschen tanzen, ob in einer Ballett-Aufführung, einem Hip-Hop-Battle, einer alternativen zeitgenössischen Produktion oder einfach in einem Club, beim beseelten Loslassen werden selten Lügen gebraucht oder Masken getragen. Menschen reflektieren sich gegenseitig fortwährend, aber beim Tanzen reflektieren sie wahrscheinlich vor allem diesen Moment der Ehrlichkeit.
Indem man sich wie andere Menschen und mit anderen Menschen bewegt, und indem man ihren Bewegungen zuschaut, kann man ihre Gefühle und Gedanken am besten nachspüren, und sich mit ihrer Energie verbinden. Vielleicht dann erst kann man sie richtig kennen und verstehen lernen.
Für mich ist eine Tanzaufführung wie eine Feier des Zusammenlebens, eine Möglichkeit zu geben und Raum und Zeit füreinander zu schaffen. Oft vergessen wir, dass das grundlegend Schöne an einer Aufführung in erster Linie die Zusammenkunft einer Menge von Menschen ist, die nebeneinander sitzen und den Augenblick teilen. Da ist nichts Privates daran; eine Aufführung ist ein äußerst gesellschaftliches Erlebnis. Wir versammeln uns, um dem Ritual beizuwohnen, das unsere Verbindung mit der Aufführung, unsere Verbindung mit derselben Gegenwart darstellt.
Deshalb wünsche ich allen im Jahr 2012: Viel Tanz. Das heißt nicht, all unsere Probleme vom letzten Jahr zu vergessen, sondern vielmehr, sie kreativ anzugehen, sie zu umtanzen, um eine Möglichkeit zu finden, miteinander und mit der Welt in Beziehung zu treten, mit dem Leben in Beziehung zu treten als Teil seiner endlosen Choreografie. Tanzen wir, um Ehrlichkeit zu finden, sie zu vermitteln, zu reflektieren und zu feiern.
English Version: International Dance Day Message 2012
by Sidi Larbi Cherkaoui
30th Anniversary of the International Dance Day 2012
Celebrate the Never-ending Choreography of Life
Through time, through the ages, what endures is mostly art. Art seems to be everything humankind leaves to its heirs – whether through buildings or books or paintings or music. Or movement, or dance. In that sense, I think of dance as the most current, the most up-to-date history lesson, as it is in a constant relationship with its most recent past and can only happen in the present.
Celebrate the Never-ending Choreography of Life Dance also, somehow, does not acknowledge borders in the same way as many other arts. Even when certain styles try to limit themselves or work within a frame; the movement of life, its choreography and its need for flux: these take over very quickly, allowing certain styles to mingle with other. Everything engages with everything, naturally, and dance settles only in the space it belongs to — that of the everchanging present.
I believe that dance may be one of the most honest forms of expression for us to cherish: because when people dance, whether in a ballet performance, a hip-hop battle, an underground contemporary show or just in a discotheque, cutting loose, there are seldom any lies deployed, any masks worn. People reflect each other constantly, but when they dance, perhaps what they reflect most is that moment of honesty.
By moving like other people, by moving with other people and by watching them move, we can best feel their emotions, think their thoughts and connect to their energy. It is, perhaps, then that we can get to know and understand them clearly.
I like to think of a dance performance as a celebration of co-existence, a way to give and make space and time for each other. We tend to forget this, but the underlying beauty in a performance is that it is primarily the convergence of a mass of people, seated one next to the other, all sharing the same moment. There is nothing private about it; a performance is an extremely social experience. All of us assembled for this ritual, which is our bond with the performance, our bond with the same present.
And so, in 2012, I wish everyone lots of dance. Not to forget all their problems of 2011, but on the contrary, to tackle them creatively, to dance around them, to find a way to engage with each other and the world, to engage with life as part of its never-ending choreography. Dance to find honesty and to transmit, to reflect and to celebrate it.